Jede Braut ist besonders
Im Rahmen ihrer Reise an die Barcelona Bridal Fashion Show hatte
unsere Co-Chefredakteurin Maja die Gelegenheit, die künstlerischen Leiterin
von Pronovias, Alessandra Rinaudo, zu interviewen. Es war ein sehr
spannendes Gespräch, bei dem Alessandra tief blicken liess und auch Kritik
an der Brautmodenbranche übte.

Simone Gori (Text), Barcelona Bridal Fashion Week. (Bild)
Maja Giger, Swiss Wedding Magazin: Liebe Alessandra, wie bist du eigentlich dazu gekommen, Designerin zu werden?
Alessandra Rinaudo: Ich bin tatsäch- lich in eine Familie von Schneiderinnen hineingeboren. Ich glaube, ich hatte gar keine andere Wahl (lacht). Ich stamme aus Italien, und schon meine Grossmutter war Schneiderin in unserem Ort. Meine Mutter ist in ihre Fussstapfen getreten und hat dann das erst Brautmodengeschäft in der Region eröffnet.
Es gab noch keine Brautmodengeschäfte?
Nicht nur bei uns, sondern allgemein. Die Brautmode als eigenständiger Modezweig ist erst in den Siebziger-jahren entstanden. Meine Mutter hat also Kleider entworfen und genäht und dann im eigenen Geschäft ver- kauft. In Italien gehen das Geschäft und das Familienleben oft Hand in Hand, ich sass den ganzen Tag in-mitten von Stoffen und Brautkleidern. Als es zur Berufswahl kam, war es für mich klar: Modedesign oder Archi-tektur. Übrigens studiert auch meine Tochter jetzt Design, ich gebe die Tradition also bereits an die nächste Generation weiter.
Wie entsteht denn ein Brautkleid überhaupt?
Im Schnitt dauert es von der ersten Zeichnung bis zum fertigen Kleid etwa sechs bis neun Monate. Es hängt immer ein bisschen von der Kollektion ab, vom Markt, für den das Kleid gedacht ist und von der Produktion. Seit Covid dauert alles ein bisschen länger, weil es viele Rohstoffe mit Lieferengpässen gibt. Manchmal sind es auch schlicht die Produktionsmaschinen, die nicht vorhanden sind. Denn zum Teil arbeite ich mit bestehenden Stoffen, aber manchmal lassen wir auch für ein Kleid extra einen herstellen. Das dauert dann natürlich länger, da man Lieferanten suchen muss, Rohstoffe prüfen, es gibt Testwerbungen und so weiter.
Was ist deine Inspiration?
Ich lasse mich von meiner ganzen Umgebung inspirieren. Manchmal sehe ich einen fantastischen Stoff und designe dann ein Kleid aus diesem Material. Manchmal ist es auch umgekehrt, ich skizziere eine Idee und gehe dann auf die Suche nach dem passenden Material, um meine Vision umzusetzen. Grundsätzlich bin ich immer auf der Suche nach Evolution: Ich will Weiter-entwicklung. Im Design, aber auch bei den Materialien. Tüll war früher schrecklich, so steif und kratzig.Heute ist Tüll ein fantastischer Stoff und so ergeben sich wieder ganz neue Verwendungsmöglichkeiten.
Sprechen wir über Inklusion. Ein wichtiges Thema in der Mode.
Ein sehr wichtiges Thema. Pronovias bietet grundsätzlich alle Kleider in allen Grössen an, auch in plus sizes. Wir achten auch darauf, für unsere Fotoshootings Models mit allen Körper-formen einzusetzen. Aber in Italien zum Beispiel sind die Mustergrössen in den Läden viel kleiner und eingeschränkter als etwa in den USA. Wir sind ein-deutig noch nicht da, wo wir sein sollten. Nicht nur in der Brautmode, sondern generell.
Für wen würdest du gerne mal ein Kleid designen?
Für Lady Diana hätte ich gerne ein Kleid gemacht. Aber ich habe keine Traum-kundin. Jede Frau, die heiratet, will sich besonders und schön fühlen. Und jede Frau hat genau das verdient. Jede Braut ist besonders.

Ein Kleid schöner als das andere.